9:2 »So ist es! Daran gibt es keinen Zweifel:
9:3 Kein Mensch kann Recht behalten gegen Gott!
9:4 Bekäm er Lust, mit Gott zu prozessieren,
9:5 so würde der ihm tausend Fragen stellen,
9:6 auf die er auch nicht eine Antwort weiß.
9:7 Gott ist so reich an Weisheit, Macht und Stärke!
9:8 Wer kann es wagen, ihm die Stirn zu bieten?
9:9 Er käme nicht mit heiler Haut davon!
9:10 Ganz unversehens rückt Gott Berge fort,
9:11 und wenn er zornig wird, zerstört er sie.
9:12 Gott stößt die Erde an und sie erbebt;
9:13 die Pfeiler, die sie tragen, lässt er schwanken.
9:14 Wenn er's befiehlt, scheint keine Sonne mehr,
9:15 die Sterne kann er hindern aufzugehen.
9:16 Allein hat Gott den Himmel ausgespannt,
9:17 nur er kann über Meereswellen schreiten.
9:18 Gott schuf den Großen Bären, den Orion,
9:19 das Siebengestirn, den Sternenkranz des Südens.
9:20 Gott ist's, der Wunder tut, unzählbar viele,
9:21 so groß, dass wir sie nicht verstehen können.
9:22 Gott geht an mir vorbei – ich seh ihn nicht,
9:23 ich merke nicht, wie er vorübergeht.
9:24 Er rafft hinweg und niemand hindert ihn.
9:25 Wer wagt zu fragen: 'He, was machst du da?'
9:26 Gott muss nicht seinen Zorn in Schranken halten,
9:27 selbst Rahabs* Helfer hatten sich zu beugen.
9:28 Wie könnte ich ihm dann entgegentreten,
9:29 wie rechte Worte finden gegen ihn?
9:30 Ich bin im Recht und darf mein Recht nicht fordern!
9:31 Soll ich ihn etwa noch um Gnade bitten,
9:32 ihn, der das Urteil schon beschlossen hat?
9:33 Selbst wenn er sich dem Rechtsverfahren stellte –
9:34 dass er mich hören würde, glaub ich nicht.
9:35 Gott sendet seinen Sturm und wirft mich nieder,
9:36 ganz ohne Grund schlägt er mir viele Wunden.
9:37 Er lässt mich nicht einmal zu Atem kommen,
9:38 stattdessen füllt er mich mit Bitterkeit.
9:39 Soll ich Gewalt anwenden? Er ist stärker!
9:40 Zieh ich ihn vor Gericht? Wer lädt ihn vor?
9:41 Ich bin im Recht, ich habe keine Schuld,
9:42 doch was ich sage, muss mich schuldig sprechen.
9:43 Mir ist jetzt alles gleich, drum sprech ich's aus,
9:44 selbst wenn ich meinen Kopf dafür riskiere:
9:45 Dass ich im Recht bin, hilft mir nichts bei ihm;
9:46 ob schuldig oder nicht – Gott bringt mich um!
9:47 Wenn plötzlich eine Katastrophe kommt
9:48 und Menschen ohne Schuld getötet werden,
9:49 hat er für ihre Ängste nur ein Lachen.
9:50 Gott hat die Erde Schurken übergeben
9:51 und alle Richter hat er blind gemacht.
9:52 Wenn er es nicht gewesen ist, wer dann?
9:53 Mein Leben eilt noch schneller als ein Läufer,
9:54 nicht einer meiner Tage bringt mir Glück.
9:55 Wie leichte Boote gleiten sie vorbei,
9:56 schnell wie der Sturz des Adlers auf die Beute.
9:57 Wenn ich mir sage: 'Gib das Klagen auf,
9:58 vergiss den ganzen Jammer, lach doch wieder!',
9:59 dann packt mich gleich die Angst vor neuen Qualen;
9:60 ich weiß es ja, Gott spricht mich doch nicht frei.
9:61 Er will mich unbedingt für schuldig halten.
9:62 Was hilft es, meine Unschuld zu beweisen?
9:63 Ich könnte mich mit reinstem Wasser waschen,
9:64 die Hände könnte ich mit Lauge säubern.
9:65 Dann würde er mich in ein Schlammloch tauchen,
9:66 sodass sich meine Kleider vor mir ekeln.
9:67 Ach, wäre Gott doch nur ein Mensch wie ich,
9:68 ich wüsste, welche Antwort ich ihm gäbe:
9:69 er müsste mit mir vor Gericht erscheinen!
9:70 Gäb es doch einen Schiedsmann zwischen uns,
9:71 dem wir uns alle beide beugen müssten!
9:72 Dann dürfte Gott mich nicht mehr weiterprügeln
9:73 und würde mir nicht länger Angst einjagen.